Letzte Generation zu Besuch am SSG

Im Pädagogischen Zentrum des Sophie-Scholl-Gymnasiums in Itzehoe ist viel los. Es herrscht dichtes Gedränge – alle Schüler des 11. und des 12. Jahrgangs sind im Raum, suchen sich Plätze oder legen sich schon ihre Fragen zurecht. Nur zwei Schüler der 11. Klasse sind nicht Teil des Getümmels. Der Grund: Anneke Gaitzsch (16) und Mick Dohrn (17) aus der 11 b stehen als Moderatoren der auf der Bühne. Sie navigieren durch das Gespräch zwischen dem Letzten-Generation-Aktivisten Armin Lühde, Oberstaatsanwalt Kjell Gasa und FDP-Mitglied Jörn Michaelsen. Thema der Veranstaltung: „Klimaaktivismus und die Letzte Generation Bewegung – Perspektiven und Kontroversen“.
„Sehr professionell moderiert“, sagt Mitschülerin Marie-Kristin Lindenberg (18), nachdem sie Anneke und Mick auf der Bühne zugesehen hat. „Ich finde es auch ziemlich mutig, da oben zu stehen und die Leute zu unterbrechen“, sagt sie. Dem schließt sich auch Klassenkameradin Svenja Eisenkrätzer an. „Das muss man sich erstmal trauen“, sagt sie. Die 17-jährige Svenja ist, wie die beiden Moderatoren, aus dem Wirtschaft-Politik-Profil (WiPo) der 11 b.
Die beiden Schüler sind mit ihrer eigenen Moderation auch ziemlich zufrieden. „Das lief eigentlich ganz gut“, sagt Mick Dohrn zur Leistung des Teams. Er hatte bei der Gesprächsführung immer einen Blick auf die Zeit. Schade findet er, dass nicht Platz für alle Fragen war, an denen die Moderatoren seit Wochen gearbeitet hatten. Sein Fazit zu der Veranstaltung: „Schade, dass einige Fragen gar nicht, aber andere Fragen ausführlich beantwortet wurden. Ich hätte mir gewünscht, dass die Fragen kürzer und sachlicher beantwortet werden.“
Anneke Gaitzsch unterbrach die Redner mitunter, vor allem, wenn sich vom Thema entfernt wurde. Als Aktivist Armin Lühde vorschlug, Milliardäre zur Beitragszahlung im Sinne des Klimaschutzes zu verpflichten oder sie ansonsten zu enteignen, bot sie ihm Einhalt. Daraufhin ruderte der Letzte-Generation-Aktivist mit „das war ein Witz“ von der vorausgegangenen Aussage zurück.
Dennoch stört Gaitzsch sich vor allem an den Antworten in der Podiumsdiskussion. „Hier wurde auf einige Fragen einfach nicht explizit geantwortet“, sagt die 16-Jährige.
Auf die Frage, was die Schule für die Umwelt tun kann, antwortet der Aktivist „Individuelle Entscheidungen und Verhaltensänderung sind dabei ganz wichtig.“ Im Anschluss nutzt er die Gelegenheit, um den FDP-Chef Christian Lindner und den Energieriesen RWE zu kritisieren. Michaelsens RWE-Verteidigung fußt auf der Begründung, dass es den Energieriesen nur gebe, weil Bedarf bestehe. Auf das Sophie-Scholl-Gymnasium kommen beide bis zur nächsten Frage nicht mehr zurück.
Auf die Frage, wie dringlich der Klimawandel als Thema ist, sagt Jörn Michaelsen: „Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es den Klimawandel gibt.“ Im Anschluss daran betont er jedoch, dass die Klimaforschung noch massiv dazulerne und gar keine Prognosen getroffen werden könnten. Dann verglich er die radikale Klimapolitik, die die Letzte Generation fordert, mit der Zentralverwaltungswirtschaft der Sowjetunion. Auch hier wurde sich der Frage nicht mehr genähert
Organisator der Veranstaltung war der Lehrer Christian Jansen. Er ist für die Fächer Wirtschaft/Politik, Geschichte und Deutsch verantwortlich. Mit dem WiPo-Profil der Klasse 11 b hat Jansen drei Wochen lang das Thema aufbereitet. In Gruppenarbeiten haben sich die Schüler mit dem Thema beschäftigt. „Die letzte Woche hatte dann nochmal intensive Auseinandersetzung mit dem Klimaaktivismus“, sagt Dohrn dazu. Die Aktualität und Brisanz des Themas lobt auch Schulleiterin Magdalena Diodati in ihrer Ansprache vor der Diskussion.
Während der Veranstaltung waren die drei Redner der Veranstaltung darauf besinnt, ihre Punkte deutlich zu machen. Lühde hatte vor, „die Realität nicht kleinreden oder weichwaschen“ zu lassen. Jörn Michaelsen gab den Schülern mit, nicht den Mut zu verlieren. Oberstaatsanwalt Kjell Gasa wollte vorrangig die rechtliche Seite in Hinblick auf Protestaktionen darstellen.

Wivine Yambo, Norddeutsche Rundschau vom 13.02.2024